Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten

Gepostet am: 6. Dezember 2020 um 12:24

Ich hätte nie gedacht, irgendwann einmal die CDU in Schutz nehmen zu müssen. Doch was gerade in Sachsen-Anhalt abgeht, schreit geradezu nach einem Kommentar meinerseits.

Die Lage ist, wie fast immer im politischen Deutschland dieser Tage, auf den ersten Blick etwas verworren. Der Zusammenschluss aus CDU, SPD und Grünen, im aktuellen Sprachgebrauch auch Kenia-Koalition genannt, streitet sich über die Ratifizierung des Rundfunkänderungsstaatsvertrages, der eine Erhöhung der allseits beliebten GEZ-Gebühr um 0,86 Cent im Monat vorsieht. SPD und Grüne sind dafür, die CDU-Fraktion dagegen. Pikanterweise lehnt natürlich auch die AfD diese Maßnahme ab. Die Linke war ursprünglich auch dagegen, hat sich dann aber in die Büsche geschlagen und stimmt nun gemeinsam mit ihren künftigen Wunsch-Regierungspartnern dafür. Wie gesagt, auf den ersten Blick wirkt da ein wenig unübersichtlich. Auf den zweiten ist die Lage dann schon klarer. Und zwar, wenn man zwischendurch mal, wie ich es getan habe, einen Blick in den Koalitionsvertrag wirft. Und da lesen wir:

Bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks halten wir am Ziel der Beitragsstabilität fest.“

Vereinbart und unterschrieben von allen verhandelnden Seiten im Jahre 2016. Ups!

Nun sind also SPD und Grüne wortbrüchig geworden und bezichtigen ihren Seniorpartner, der am Vertrag festhält, gemeinsam mit der (schmuddelig-braunen) Opposition, die eigentlich dagegen sein müsste, doch dafür zu stimmen. Das klingt nun wieder furchtbar kompliziert Also klamüsern wir das mal auseinander, wie man bei uns im Norden sagt.

Die drei Parteien hatten also vereinbart, den Beitrag stabil zu halten. Stabil heißt, keine Änderungen nach oben oder unten. Auch 0,86 Cent, liebe SPD und liebe Grüne, ist eine Änderung. Für die Grünen, deren Wählerschaft die mit den höchsten Einkommen ist, sind das natürlich nicht einmal die berühmten Peanuts. Bei der SPD, der eigentlich selbsternannten Arbeiterpartei, müssten eigentlich alle Alarmglocken schrillen, wenn man dem kleinen Mann ans Geld will. Tun sie aber schon lange nicht mehr. Auch ein Zeichen, wie weit sich die Sozialdemokraten von ihrem angestammten Wählerklientel bereits entfernt haben. Was man auch an den Wahlergebnissen sieht.

Wie man es dreht und wendet, das Verhalten der beiden kleinen Parteien ist ein Vertragsbruch. Da hilft auch kein Lavieren, von wegen, die Gebühren werden ja von einer unabhängigen Kommission festgelegt (was nicht stimmt, die KEF empfiehlt lediglich, festgelegt werden sie in besagtem Vertrag mit dem furchtbar langen Namen), oder 0,86€ sind ja keine Erhöhung in dem Sinne – (doch, sind sie) oder was auch immer an haarstäubenden Argumtenten ins Feld geführt wird. Es bleibt ein Vertragsbruch! Und nun ist man so sauer auf die CDU, weil die den Vertrag nicht ebenfalls in den Müll schmeißt, dass man die Koalition platzen lassen wird. Was machen sie eigentlich, wenn die AfD jetzt plötzlich ihre Meinung ändert und auch dagegen stimmen will? Ist man dann wieder dafür?

Ganz persönlich sehe ich diese Erhöhung auch kritisch. Die Qualität der öffentlich-rechtlichen Medien ist seit Jahren im Sinkflug. Ein Großteil unserer Gebühren fließt in die Pension ausgeschiedener Mitarbeiter, die im Gegensatz zum gemeinen deutschen Rentner allzu üppig versorgt werden. Auch die Gehälter stehen in keinem Verhältnis zum dem „normaler“ Arbeitnehmer. Warum muss ein Intendant beim WDR 395.000 Euro im Jahr verdienen? Beim Bayrischen Rundfunk sind es 388.000 Euro, beim NDR 365.000 Euro. Die ärmste Sau unter den Kollegen ist der Chef vom Saarländischen Rundfunk mit bedauernswerten 245.000 Euro im Jahr. Der muss sich bestimmt jede Menge Spott gefallen lassen. (alle Zahlen einsehbar unter statista.com). Beim ZDF sieht es nicht anders aus. Der Intendant Bellut bekam 2016 alles in allem 374.000 Euro. Also auch leicht oberhalb des Mindestlohnes.

Wohlgemerkt, ich will jetzt keine Neid-Debatte führen. Wenn ein Firmenlenker in der freien Wirtschaft ein Traumgehalt bezieht, dann muss sein Unternehmen das vorher irgendwie erarbeiten. Tut es das nicht, ist der Laden früher oder später pleite. Aber ein öffentlich- rechtlicher Sender finanziert sich nun mal durch mehr oder minder zwangsweise eingetriebene Gebühren. Da kann man schon mal ein wenig mehr Sparsamkeit erwarten. Aber die scheint bei unseren Qualitätsmedien trotz aller gegenteiligen Bekundungen noch nicht in allen Bereichen eingezogen zu sein. Warum zum Beispiel müssen ARD und ZDF jeweils mit riesigen Mannschaften wochenlang zu einer Fussballweltmeisterschaft oder einer Olympiade reisen, nur um dann abwechselnd zu berichten? Dazu werden dann für viel Geld noch teure „Experten“ eingeflogen. Inklusive der Zahlungen für die Übertragungsrechte reicht da wohl selbst ein dreistelliger Millionenbetrag nicht mehr aus. Ich will hier auch gar nicht weiter auf die Qualität der sich immer mehr zur Hofberichterstattung ausweitenden Nachrichtensendungen eingehen. Dazu habe ich mich hier schon oft genug aufgeregt.

Sachsen-Anhalt ist also das kleine gallische Dorf, in dem eine jahrelang geräuschlos arbeitende Regierungskoalition zerbricht, weil die kleineren Partner dem Druck aus Berlin nachgeben und dann mit großem Popanz den schwarzen Schatten der AfD an die Wand malen, um ihren Vertragsbruch zu kaschieren. Und (fast) alle finden das auch noch gut…