Das grüne Schweigen

Gepostet am: 22. Januar 2020 um 15:39

 

Den größten Truppenaufmarsch seit 25 Jahren direkt an der russischen Grenze verkauft uns die NATO in diesen Tagen als „gegen keinen konkreten Staat gerichtetes Militärmanöver Defender 2020“. Abgesehen von der nicht ganz unbedeutenden Tatsache, dass demnächst 37.000 Soldaten, darunter auch etwa 4.000 aus Deutschland (ja gut, man kann natürlich einwenden, dass diese schon auf Grund ihrer Ausrüstungsmängel keine große Gefahr darstellen) an der russischen Grenze stehen, mit anderen Worten keine 200 km vor Sankt Petersburg. Wer auch nur ein wenig in Geschichte aufgepasst hat, wird sich vielleicht erinnern, dass es in den letzten 120 Jahren zwei Kriege gab, bei denen die Russen von ausländischen Mächten überfallen wurden und vor allem deshalb nicht besiegt wurden, weil sie Land gegen Zeit getauscht haben. Will heißen, bis der Feind Moskau erreichte, war er so geschwächt, dass er zurückgedrängt werden konnte. Dies hat die Sowjetunion und später Russland nach 1945 zur Doktrin erhoben. Und nun marschieren zehntausende NATO-Krieger mit tausenden Panzern an deren Grenze auf, aber niemand soll sich bedroht fühlen? Was für eine schwachsinnige Argumentation!

Dies aber nur am Rande. Was ich eigentlich beleuchten möchte, ist die Haltung der Partei, die sich in den Jahren nach ihrer Gründung vor 40 Jahren als wichtigen Teil der Friedensbewegung ausgab. Mit anderen Worten, wo bleibt der grübe Protest gegen dieses schwachsinnige Muskelspiel der NATO? Hat sich bisher ein einziges führendes Mitglied irgendwie dazu geäußert?

Liebe Grüne,

wenn schon ihr schon nicht mehr an einem friedlichen Zusammenleben aller Völker in Europa interessiert seid, wie eure Protagonistin Marie Luise Beck, die man ob ihrer Statements getrost schon als kalte Kriegerin bezeichnen darf, so protestiert doch wenigstens aus Gründen des Klimaschutzes gegen dieses Manöver!

Alles andere stilisiert eure Klimapolitik zur puren Heuchelei!

Nebenbei, die US-Streitkräfte stoßen mehr CO2 aus als ein mittlerer Industriestaat. Aber das erwähnt unser Mainstream natürlich nicht. Wie er auch kaum kritisch über diesen gewaltigen Truppenaufmarsch berichtet. Während die Deutschen mit moralischen Appellen und immer neuen Abgaben und Steuern mehr oder minder gezwungen werden, sich umweltbewusster zu verhalten, was ja nicht immer unbedingt verkehrt ist, gurkt das Militär in schweren Fahrzeugen, die mit Sicherheit mehr Feinstaub, CO2 und Stickoxide produzieren als die gesamte Diesel-PKW-Flotte zusammen, munter durch Mitteleuropa. Vorbei an Windrädern, von denen etliche demnächst aufwendig entsorgt werden müssen, wenn sie mangels (ausgelaufener) Förderung abgebaut werden. Und unsere Grünen, die sonst für alles und jeden einen ökologischen Fußabdruck errechnen, schweigen dazu. Auch die jungen Leute bei „fridays for future“ werden sich jeden dahingehenden Protest verkneifen. Oder zumindest wird der Mainstream nicht darüber berichten. Weil Kritik an der NATO in diesen Zeiten obsolet ist. Und weil die früher so friedensbewegten Grünen inzwischen ein Teil des Systems sind.

Ich gebe zu, in den 80gern habe ich sie für ihr Engagement und ihren Mut bewundert, sich gegen die Aufrüstung, gegen Atomraketen und gegen riesige Armeen in Europa zu positionieren. Petra Kelly würde im Grab rotieren, wenn sie wüsste, welche Auffassungen ihre Nachfolger heute vertreten. Gewiss, ihre Unschuld hat die einstige Friedenspartei bereits 1998 verloren, als sie mit der Teilnahme am den Bombardements auf Jugoslawien den ersten deutschen Kriegseinsatz seit 1945 mittrug. Das war schon kein Ausrutscher mehr, sondern die Gegenleistung für die Unterstützung der Clinton-Administration beim Wahlkampf gegen Kohl. Aber was seit dem folgte, hatte nichts mehr mit der Friedenspartei zu tun, als die sie einmal angetreten war. Hinter den medial omnipräsenten Gesichtern einer Annalena Baerbock und eines Robert Habeck versteckt sich nichts anderes als der grüne Arm der NATO und ihrer Rüstungsindustrie, die als einzige an dieser Politik verdient und weiter fröhlich Milliarden scheffelt. Völlig losgelöst von irgendwelchen Klimadebatten.

Nur darum geht es.