Der große deutsche Arbeiterführer Christian Lindner

Gepostet am: 10. Januar 2020 um 15:58

In diesen merkwürdigen Zeiten, in denen die SPD schon lange ihrer einstigen Stammklientel die kalte „Hartz IV“- Schulter zeigt, die Linken immer noch munter dabei sind, auf ihre wenigen realpolitisch denkenden Zugpferde einzudreschen und die Grünen eigentlich nur noch von denen wählbar geworden sind, die es sich leisten können, lässt eine Partei die Maske fallen, von deren großer Zeit nur noch einige wenige ganz Alte berichten können.

Jahrzehntelang galt die FDP als Vertretung der Porschefahrer, Zahnärzte, Rechtsanwälte, der mehr oder minder fähigen Manager und der Yuppies, die gern zu diesen Kreisen gehören wollten, die aber mangels Abitur und Wirtschaftsstudium erst einmal Versicherungen verkaufen gingen. Die Liberalen, deren eigentliche politische Funktion eigentlich nur darin bestand, dem jeweilig Meistbietenden in einer wie auch immer gearteten Koalition die politische Macht zu verschaffen, generierte sich noch vor einigen Jahren stolz als Partei der Besserverdienenden, bis sich im Herbst 2013 herausstellte, wie groß der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe wirklich ist. Nämlich unter 5 Prozent.

Ich gestehe, auch ich war voller Hohn und Spott darüber, dass diese vermeintliche Klientel- und Lobbyisten-Vertretung endlich im politischen Orkus entsorgt wurde. Ich konnte ja damals nicht ahnen, dass…

Aber seit dem 6. Januar wissen wir es endlich! Die Freien Demokraten sind die eigentliche deutsche Arbeiterpartei! Ein Coup, der in die Geschichte des revolutionären Klassenkampfes eingehen wird. Jahrzehntelang haben die Mitglieder der FDP im Auftrag des Proletariats beharrlich und stillschweigend die bourgeoisen Strukturen unterwandert. Sie haben klammheimlich Führungspositionen in Staat und Wirtschaft besetzt. Und sich dabei hervorragend getarnt. Die den ahnungslosen Christdemokraten abgepresste Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers war eigentlich nur ein geniales Ablenkungsmanöver. Ebenso die Schmiergeld- und Steuerhinterziehungs-Affäre um den Berufsrevolutionär Otto Graf Lambsdorff. Was nach Korruption und persönlicher Bereicherung aussah, war in Wirklichkeit ein erstes Aufflammen des Widerstandes gegen das kapitalistische System. Überhaupt erscheinen viele revolutionäre Liberale, die man eigentlich nur für hilfreiche Interessenvertreter des Großkapitals hielt, plötzlich in einem ganz anderen Licht. Möglicherweise wird Rainer „zeig mir dein Dekolleté“ Brüderle als bedeutender proletarischer Denker in die Geschichtsbücher eingehen, Philipp Rösler in einer Reihe neben Che Guevara stehen oder der nebenberuflich Teppiche schmuggelnde Ex-Minister Niebel wie Martin Luther King als unermüdlicher Streiter für soziale Gerechtigkeit gelten. Vielleicht haben wir den zähen Kampf für Globalisierung und Freihandel ja nur falsch gedeutet, als wir annahmen, dies diene in erster Linie den Konzernen. In Wirklichkeit ist es ein weiterer Schritt voran auf dem Weg zur Weltrevolution. „Völker hört die Signale!“ mit einer ganz neuen Melodie. Ist nun der Tag nicht mehr fern, an dem die mächtige FDP die geknechteten proletarischen Massen in gelbe Westen kleidet und vor das Kanzleramt führt? Dient das ganze neoliberale Gewäsch am Ende nur dem Ziel, dass der Kapitalismus an sich selbst zugrunde geht und von den proletarischen Massen unter Regie des großen Arbeiterführers Christian Lindner hinweggefegt wird?

Jetzt mal ehrlich, liebe FDP! Haltet Ihr uns für so blöd oder wollt Ihr die Leute einfach nur verarschen? Wer sich wie Ihr so konsequent gegen Mindestlöhne einsetzt, aber im gleichen Atemzug eine Deckelung der Managergehälter ablehnt, wer einen von allen Regeln entgrenzten Markt haben möchte, ohne Kündigungsschutz, dafür mit einer Ausweitung der Leiharbeit, wer sich so schamlos für die kleine Gruppe derer einsetzt, denen aber über fünfzig Prozent des Vermögens in Deutschland gehören, der ist Lichtjahre davon entfernt, den Anspruch zu stellen, eine Arbeiterpartei zu werden. Ihr führt die Menschen in die Irre mit den Begrifflichkeiten, die auf Eurem neuen sozialliberalen Gewand stehen. Die immer wieder postulierte „Eigenverantwortung“ bedeutet nichts anderes, als den kleinen Arbeitnehmer kalt lächelnd im Regen stehen zu lassen und von weitem mit dem Schirm zu winken.

Nein, Ihr habt nichts gelernt und Euch auch nicht geändert. Ihr seid immer noch die Marktradikalen, die neoliberalen Kampftruppen des Ellenbogenkapitalismus. Nur Eure Verpackung hat sich gewandelt. Weil Eure Berater angemerkt haben , dass Menschen, die nach 45 Jahren Knochenarbeit mit einer Hungerrente abgespeist werden, eben nicht unbedingt zum Wählerklientel der FDP gehören. Diese Gruppe wird allerdings, auch dank Eures Zutuns, immer größer. Die Wirklichkeit hat längst bewiesen, dass es eben nicht so ist, dass es den Armen besser geht, wenn die Reichen noch reicher werden. Es fördert nur die soziale Spaltung der Gesellschaft. Und die ist schon weit genug fortgeschritten.

Also hört auf mit diesem Arbeiterpartei-Scheiß. Ihr seid die allerletzten, denen man das glaubhaft abnimmt.