Hilflos – Mutlos – Konzeptlos Wie kritikfähig ist die CDU?

Gepostet am: 31. Mai 2019 um 20:16

Man fühlte sich in der Woche vor der Europawahl fast ein wenig wie in das Jahr 1989 zurückversetzt. Nur dass statt eines hochgehaltenen und von den „zuständigen Organen“ schnell wieder entfernten Protestplakates („Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“) ein sechsundzwanzigjähriger Youtuber mit einem durchaus leidenschaftlich zu nennenden Beitrag an die Öffentlichkeit ging. Er rief öffentlich dazu auf, nicht die CDU zu wählen. Ein Affront sondergleichen im Merkel-Staat. Nicht nur sein eindringlicher Appell, auch die Fakten, die er präsentierte und mit Quellen belegen konnte, schockten doch so einige brave Unionsmitglieder.

Elektrisiert habe ich sofort das Netz nach einschlägigen Reaktionen durchforstet. Natürlich konnte man erwarten, dass sich irgendwer findet, der gleich mal wieder die Nazi-Keule auspackt, um Rezo in gewohnter Manier zu den anderen Aufmüpfigen in die rechte Ecke zu prügeln. Doch da wurde ich schon das erste Mal enttäuscht. Vielleicht lag es am Thema Klima, einem der zentralen Punkte des Videos, das nicht so wirklich zu einer rechten Einstellung passen konnte. Leugnen doch AfD & Co. hartnäckig den Klimawandel.

Erst nach Tagen und mehr als drei Millionen Klicks für den Beitrag kam ein erstes Grummeln aus dem Konrad-Adenauer-Haus. Ähnlich war es damals in der verblichenen DDR. Erst wollte man den Mantel des Schweigens über den Protest decken. Passte er doch so gar nicht in das jahrzehntelang inszenierte Bild vom Friede-Freude-Eierkuchen-Sozialismus auf deutschem Boden. Dann musste man sich damit auseinandersetzen und die Reaktion offenbarte die gesamte Hilflosigkeit im Umgang mit solch einem unerhörten Vorgang. Man war es schlichtweg nicht gewohnt, auf Kritik zu angemessen zu antworten.

Genauso ergeht es der CDU. Nach tagelangem Schweigen entschloss man sich dazu, den Kinderstar Amthor eine Art Gegenbotschaft aufnehmen zu lassen. Das fertige Video verschwand aber noch vor der mit Ungeduld erwarteten Veröffentlichung im Giftschrank der Frau AKK. Deutschland lachte sich kaputt. Dann folgte ein hilfloses Statement des Generalsekretärs, verbunden mit einem auf der CDU-Webseite(!) veröffentlichten „Faktencheck“. Wohl aus Eigeninitiative, geschürt von der Angst vor einem Komplettabsturz bei der Europawahl, begannen dann Unionsanhänger in den sozialen Medien aktiv zu werden und verbal gegen User vorzugehen, die das Video geteilt oder geliked hatten.

Den Supergau in Sachen Kritikbewältigung fabrizierte dann die glücklose Noch-CDU-Chefin AKK mit ihrer grandiosen Idee, die Meinungsmache im Internet vor Wahlen zu regulieren. Auch wenn sie das angeblich nie so gemeint hat. Die SED lässt grüßen.

Wie auch immer, der Umgang mit Rezos Veröffentlichung ist mal wieder an Hilflosigkeit nicht zu überbieten und offenbart aufs neue den erbärmlichen Zustand, in dem unsere Parteien befinden.

Nur eine ficht das alles nicht an. Angela Merkel wird die Sache wie gewohnt aussitzen.