Jan-Philip Hein schreibt nicht mehr für die „Schweriner Volkszeitung“ Versuch eines Nachrufs

Gepostet am: 31. Mai 2019 um 19:24

Jahrelang gehörte es bei mir zum sonnabendlichen Ritual. Nach dem Frühstück die Zeitung bis zur Wochenendbeilage durchzublättern, um nachzuschauen, was mein Lieblings-Hass-Journalist dieses Mal wieder vom Stapel gelassen hat. Früher stand über seiner Kolumne noch die Überschrift „Die andere Meinung“. Dann stieß den Zeitungsmachern in Schwerin wohl auf, dass seine Meinung doch nicht ganz so anders war als die vom journalistischen Mainstream erwartete und man änderte den Titel in „Gesellschaft“. Heins Hauptfeind, an dem er sich beinahe Woche für Woche abarbeitete war der russische Präsident Putin. Beinahe kein Ereignis in der Welt, an dem der Kreml-Chef nicht zumindest seine Finger im Spiel hatte. Verkorkste Präsidentenwahl in den USA – Putins Hacker haben die Wahl beeinflusst. Wie, das konnte der gute Herr Hein auch nicht sagen, aber für ihn stand felsenfest, dass der Russe schuld war. Giftgas in Syrien ohne jeden seriösen Beweis, kein Problem, das hatte Putin mit seiner Geheimdiensterfahrung schon irgendwie hingedeichstelt. Und natürlich nicht zu vergessen, die Ukraine-Krise. Eigentlich ein Wunder, dass die russischen Panzer nicht schon längst auf dem Maidan standen. Selbst die Amerikaner mit ihrer überlegenen Spionagetechnik können keine Beweise liefern, dass überhaupt russische Truppen in der Ostukraine stehen, für meinen „Freund“ Hein kein Hindernis, von einer Invasion zu sprechen, einem Krieg, den Putin gegen das ach so friedliebende Regierung in Kiew führt. Für ihn gibt es nur ein Mittel, die Welt zu einem friedlichen Ort zu machen. Putin muss weg, egal wie.

Irgendwann platzte mir dann endgültig der Kragen und ich wandte mich mit einer geharnischten Mail an den Chefredakteur der SVZ. Ich hielt ihm vor, in seinem Blatt, dass ich seit über vierzig Jahren lese, Kriegspropaganda für die NATO betreibe und wie lange man das Geschreibe des Herrn Hein noch erdulden wolle. Daraus entwickelte sich ein kurzer, aber um so interessanterer Gedankenaustausch, befeuert durch die Tatsache, dass die deutschen Medien für ihre doch recht einseitige Berichterstattung über die Ukraine mit einem shitstorm überzogen wurden, den sie bisher noch nicht einmal in Ansätzen erlebt hatten.

Und die Schweriner Volkszeitung bewegte sich. Wenn auch spät, dafür um so überraschender. Irgendwann im Frühsommer 2018 hob man die Idee aus der Taufe, sogenannte Podiumsgespräche zu veranstalten. Zum Auftakt dieser Reihe lud man ausgerechnet Jan-Philip Hein ein, der dort auf einen sehr wortgewaltigen Gegenspieler traf, den inzwischen leider verstorbenen Merkel-Kritiker Ulrich Schacht. Die Veranstaltung hielt alles, was ich mir von ihr versprochen hatte. Hein ritt selbstsicher auf seinen abstrusen Putin-ist-der Teufel-Theorien herum und bekam von seinem Gegenpart dafür reihenweise Breitseiten verpasst, unter dem Beifall des Publikums.

Ob es nun an dieser Veranstaltung lag, sein dahingestellt, aber irgendwie kam Jan-Philip Hein in den letzten Monaten sein Lieblingsfeind abhanden. War über Jahre Putin sein alles beherrschendes Thema, so referierte er jetzt über andere, weniger provokante Themen. Damit nahm auch die Zahl der Kommentare, die regelmäßig unter seinen Beiträgen auf der Facebook-Seite der SVZ aufbrandeten, sichtlich ab und gingen zuletzt gegen Null.

Nun hat er sich verabschiedet. Er der den deutschen Osten immer noch gern als „SBZ“ bezeichnet, schreibt dann wieder wohlig für die westdeutschen Mainstream.

Was bleibt als Fazit?
Ein NATO-Schreiberling weniger, der zum Krieg aufstachelt. Die SVZ wird wieder friedlicher. Beruhigend für mich, dass ich mit meinem Monatsabo nicht mehr dazu beitragen muss, solche Propanganda zu alimentieren.

Aber worüber rege ich mich zukünftig am Samstag auf?