Respekt, Herr Admiral!

Gepostet am: 29. Januar 2022 um 13:25

Wenn ich ganz ehrlich bin, dann beschränkte sich mein Wissen über die Bundesmarine bislang auf drei wesentliche Fakten. Zum einen, dass sie über sechs U-Boote verfügt, von denen eine Zeit lang keines wegen Ersatzteilproblemen einsatzbereit war. Dann war da die unendliche Geschichte über die (wie soll man diese Farce nennen?) „Renovierung“ der „Gorch Fock“, für deren Betrag man drei neue Schiffe hätte bauen können. Und dann ist da die Mission der Fregatte „Bayern“ im Pazifik, deretwegen die chinesische Marineführung vor Angst auf den Nägeln kaut und sich kaum noch traut, ihre Schiffe auslaufen zu lassen.

Kurzum, es war bisher nicht viel, was ich spontan über die deutsche Marine zu berichten wusste (außer vielleicht noch dem uralten Witz: Warum rekrutiert die Marine nur noch Nichtschwimmer? Antwort: Die verteidigen ihre Schiffe besser.)

Zu diesem weiß Gott lückenhaften Wissen gesellte sich dieser Tage eine neue, allerdings schon wieder überholte Erkenntnis. Die Bundesmarine hat(te) einen Chef, der sich im internationalen Weltgeschehen auskennt und auch mal die Traute besaß, Wahrheiten auszusprechen. Admiral Kay-Achim Schönbach, seines Zeichens bis vor kurzem Inspekteur der deutschen Marine, hatte die ungeheure Anmaßung, seine Sicht der Dinge zur gegenwärtigen, äußerst brisanten Lage in der Ukraine und in Russland darzulegen. Und verstieß damit gegen das auf allen NATO-Propangada-Kanälen sorgsam gepflegte Narrativ vom bösen Russen. Er nannte es schlichtweg „Nonsens“, dass Russland einen Einmarsch in der Ukraine plane und meinte über Präsident Putin: „Was er wirklich will, ist Respekt auf Augenhöhe. Und mein Gott, jemandem Respekt entgegenzubringen kostet fast nichts, kostet nichts. Also wenn sie mich fragen: Es ist leicht, ihm den Respekt zu geben, den er fordert – und den er vermutlich auch verdient.“

Dazu noch einige Äußerungen darüber, dass die Halbinsel Krim „weg“ sei und nicht zurückkommen werde. Eine Meinung, die ich in ähnlicher Form auch schon von anderen Politikexperten gehört habe.

Diese Ungeheuerlichkeit, nämlich eine eigene Meinung zu haben und diese auch zu äußern, kostete unseren wackeren Admiral umgehend seinen Job. Nach einem klärenden Gespräch mit seiner Ministerin (Christine Lamprecht – der optische Gegenentwurf zu „Flinten-Uschi“ von der Leyen aber offenbar genau so auf die aggressive NATO-Linie eingeschworen) reichte er seinen sofortigen Rücktritt ein.

Wieder mal ein leuchtendes Beispiel für die viel gerühmte Meinungsfreiheit in deutschen Landen. Wer in herausgehobener Position eine Position vertritt, die von der vorgegebenen, offiziellen Linie abweicht, ist ganz schnell weg vom Fenster. Ganz besonders, wenn es dabei um die mit viel Getöse aufgebaute mediale Front gegen Russland geht. Der Russe muss mal wieder als Feindbild herhalten, um immer höhere Rüstungsausgaben zu rechtfertigen und den nach 1941 gewaltigsten Truppenaufmarsch an der Westgrenze von „Putins Reich“ rechtfertigen.

Hat eigentlich irgend ein deutsches Presse-Medium schon einmal die Frage gestellt, welche Assoziationen es bei den Russen weckt, wenn schon wieder deutsche Soldaten einhundertfünfzig Kilometer vor Sankt Petersburg stehen? Einen Krieg, der siebenundzwanzig Millionen Sowjetbürgern das Leben gekostet hat, streicht man nicht einfach aus dem Gedächtnis. Ich habe mich über dieses Thema bereits in früheren Artikeln ausgelassen und möchte mich nicht unbedingt wiederholen. Aber die Lage ist gerade zu brisant, um sie zu ignorieren. Angesagt wäre es nun, Vernunft walten zu lassen und sofort an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Solange noch nicht geschossen wird, ist eine friedliche Lösung noch möglich. Nur ist fraglich, ob diese wirklich von allen Seiten gewollt ist.